Internet-Pamphlet

Beim Lesen des Internet-Manifests musste ich an das Editorial denken, das ich für das KriVo im Sommersemester 2006 geschrieben habe. Das war weniger ein Manifest als ein Pamphlet gegen die Weigerung, die entstehende Medienkultur des Internets ernst zu nehmen. Hier ist es:

Unsere Eltern sind vielleicht die wohlstandsverwöhnte Generation der Baby-Boomer, die Stars unserer Jugend waren desillusionierte Vertreter der Generation X, und wir, die ab 1980 Geborenen, werden mittlerweile als Millenium-Generation bezeichnet. Wie sinnvoll solche Generationszuschreibungen sind, sei dahin gestellt. Ein Merkmal allerdings, das der Generation Millenium zugeschrieben wird, ist in diesem Kontext von Belang: Wir können nicht nur mit neuesten Medien wie Internet, Mobiltelefonen, Spielkonsolen, MP3-Playern und anderen Gadgets umgehen, wir sind mit ihnen aufgewachsen und integrieren sie so selbstverständliche in unseren Alltag, wie die vor uns Telefon und Fernseher. Wir brauchen digitale Medien zur Pflege unserer sozialen Netzwerke, um Freizeit und Studium zu organisieren und viele Jobs währen ohne sie nicht denkbar. Die Grenzen zwischen Computerspielen und Kunst verschwimmen, Kino ist für uns mindestens so sehr Hochkultur, wie es Literatur für unsere Eltern war und Medien wie das Fernsehen und Tageszeitungen, die Interaktion höchstens in Form von Call-in-Shows als Mittel zur Umsatzsteigerung sehen oder gerade mal Leserbriefe akzeptieren, wirken antiquiert.

Ab 2010 werden die Vertreter der Millenium-Generation laut Hochrechnungen die kaufkräftigste Zielgruppe sein, und das bedeutet in einer kapitalistischen Gesellschaft wie der unseren auch, dass es ihre Normen sind, die die Gesamtgesellschaft am stärksten beeinflussen – eine zunehmend urbane Gesellschaft, deren Umwelt hauptsächlich aus Medien besteht, die sich allerdings nicht mehr an passive KonsumentInnen, sondern an aktive UserInnen richten.

Als StudentIn der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft beschäftigt man sich hauptsächlich womit? Erraten, mit Medien. Es könnte für ein kleines Land wie Österreich nicht ganz unwichtig sein, eine breite Basis gebildeter Media-Professionals unter seinen Einwohnern zu haben, um in einer Informationsgesellschaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Menschen, die nicht nur Medien produzieren können, sondern verstehen wie Mediensysteme funktionieren und fähig sind, Hintergründe zu durchschauen, obwohl sich unsere mediale Umwelt mit stetig zunehmender Geschwindigkeit verändert. Es könnte sein, dass es im globalen Dorf nicht mehr so bedeutend ist, ob jemand aus Deutschland oder Österreich einen Studienplatz in einem EU-Land belegt. Es könnte sein, dass politische EntscheidungsträgerInnen verstehen, wie wichtig das, was wir hier auf der Publizistik machen, eigentlich ist. Es könnte aber auch sein, dass klassische Massenmedien einfacher politisch beeinflussbar sind als neue Netzwerkmedien und dass man zum Betrieb dieser nur eine kleine, bitte nicht zu kritische Elite aber keine gebildete Basis benötigt.

Was die Kommunikationswissenschaft tut oder tun könnte ist wichtig, jetzt mehr denn je. Das wissen wir; von dieser Überzeugung sollten wir uns weder durch KollegInnen, die auf ach so sichere Jobs hin studieren, noch von politischen Unwillen oder Lehrenden, die aus Versehen immer noch Zeitungswissenschaften unterrichten, abbringen lassen. Und wenn uns keiner hilft, dann helfen wir uns selbst. Wir haben die Skills. Und die Blogs, Handys, Wikis, Laptops, Podcasts, Digicams, Foren Mailinglisten, Instantmessager, Filesharing- und Verschlüsselungsprogramme. Außerdem sind wir schön. 😉

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