Ein kleiner Berlin-Reisebericht für digitale Nomaden

Ich bin seit gestern in Berlin. Ich bin nicht nur zum Spaß dort, darum brauche ich Internetzugang. Ein Handy ist sicher kein Fehler. Und Google Maps oder etwas Ähnliches, um mich in der Stadt zurecht zu finden, wäre auch nicht schlecht.

Das Ziel ist also definiert, aber wie stelle ich das alles am besten an? So schwierig wird es schon nicht sein, Berlin ist immerhin der Werk- und Wirkensort digitaler Bohemiens wie Sasha Lobo. Ja, würde ich in Deutschland leben, wäre es einfach: Ich hätte sowieso ein Handy, wahscheinlich ein Smartphone mit Datentarif. Ich könnte damit ganz normal Google Maps nutzen und auch den Laptop ans Internet bringen. Als Österreicher habe ich aber kein deutsches Telefon und bin mir gar nicht sicher, ob ich ohne deutschen Meldezettel überhaupt eine Prepaid-SIM-Karte bekomme.

Starbucks

Meine erste Anlaufstelle ist Starbucks – die Filialen findet man schließlich überall, ohne danach zu suchen. Dass da gerne Leute mit Laptops sitzen ist auch bekannt. Tatsächlich, es gibt dort gratis WLAN, jedenfalls für zwei Stunden. Allerdings kann sich mein HP ProBook 4530s – noch mit Linux, als Hackintosh hat OS X die WLAN-Karte nicht erkannt, dafür konnte ich vor der Abreise keine Lösung finden – nicht anmelden. Ich versuche es ein paarmal, aber es will einfach nicht klappen, nur mit dem iPhone 4S komme ich ins Netz. Also recherchiere ich schnell am Handy Cafés mit gratis WLAN und ziehe weiter.

Kostenlose WLAN-Hotspots in Lokalen

Ich finde zwei Listen mit Adressen kostenloser WLAN-Hotspots. Die Funktion zum Speichern von Websites in Opera Mini erweist sich als sehr nützlich: So kann ich die Listen im Starbucks speichern und später unterwegs und ohne Internetzugang nach den Straßennamen durchsuchen.

Das Bistro & Cafehaus am Alexanderplatz hat übrigens kein WLAN, auch wenn es auf der Speisekarte steht. Aber es gibt zwei Computer mit Internetzugang, die man als zahlender Kunde verwenden darf.

Edit: Das Café Cuccuma in der Zossener Straße in Kreuzberg ist toll. An den Barhockern am Fenster mit Blick auf das Leben draußen auf der Straße oder oben auf der Galerie kann man stundenlang sitzen und arbeiten, ohne gestört zu werden. Die MacBook-Dichte ist allerdings hoch.

Edit2: Dank der hilfreichen Kommentare (der Dank sollte vermutlich in Richtung der Kantor Media GmbH gehen) kann ich noch zwei Links nachreichen: Die Firma Hotsplots bietet eine Karte seiner WLAN-Hotspots in ganz Deutschland an, man kann auch nach Städten suchen und sich nur kostenlose Hotspots anzeigen lassen. Richtig nützlich ist auch www.freewifiberlin.com, vor allem die offlinefähige PDF-Datei.

Bibliotheken

Auf Dauer ist es nicht immer so super, in Cafés zu arbeiten. Ab und zu, vielleicht sogar ein bisschen öfter als nötig, bestelle ich etwas zu trinken. Das kostet Geld. Und so sehr ich die Atmosphäre in Cafés genieße: Ich tue mir doch schwer, in einer solchen Umgebung wirklich konzentriert zu arbeiten. Bibliotheken bieten sich als Lösung an. Um das WLAN in den Universitätsbibliotheken nutzen zu können, müsste ich allerdings Uniangehöriger sein. Bleiben also die öffentlichen Bibliotheken. Davon gibt es eine ganze Reihe, und viele werden von der Firma Hotsplots mit kostenlosem WLAN versorgt. Hier ein Link zur Liste der Hotsplots-versorgten Bibliotheken. Ich habe mich im Haus Berliner Stadtbibliothek der Zentral- und Landesbibliothek Berlin niedergelassen. Das ist hell und luftig und verströmt dezenten DDR-Charme. Taschen muss man in den Schließfächern lassen, dafür bekommt man rote Kunststoffeinkaufskörbe wie im Supermarkt.

Handy

Eigentlich braucht man einen Meldezettel, um eine SIM-Karte in Deutschland registrieren zu können. Eine Ausnahme sind die ganze Prepaid-Angebote der Discounter. Die kosten alle 10€, werden im Laden einfach bezahlt und können online registriert werden. In den Tarifen unterscheiden sie sich wenig, die meisten bieten 9 Cent pro Minute in alle deutschen Mobilfunknetze und pro SMS, auch das Festnetz mancher Länder ist oft um 9 Cent pro Minute erreichbar. Das ist zwar ein wenig teurer als vergleichbar Angebote in Österreich, aber sicher billiger als Roaming.

Ich entscheide mich für ein Angebot von Fonic, einer Discount-Marke von 02. Die SIM-Karte ist so vorgeprägt, dass man bei Bedarf eine Micro-SIM herausbrechen kann, es wird mit einem Monat gratis-Internet geworben und mit dem Startpaket bekommt man gleich 10€ Guthaben. Klingt alles super. Schade nur, dass es noch keine funktionsfähigen Unlock für das iPhone 4S gibt. Ein billiges entsperrtes Handy muss also her. Die gibt’s bereits ab 13€, ich investiere 6€ mehr und bekomme dafür ein LG A140, da wird auch gleich ein Headset mitgeliefert, eine Kammer hat es auch und last but not least ist es Bluetooth-fähig und ließe sich als Modem verwenden.

Leider funktioniert alles in der Praxis nicht so schön, wie es in der Theorie klingt. Ein Check auf der Website von Fonic zeigt, dass ich nach erfolgter Aktivierung erstmal kein Guthaben habe. Ärgerlich. Beim Kauf eines Ladebons stelle ich fest, dass der kleinste mögliche Betrag 20€ ist. Die ganze Aktion wird damit gleich mal um einiges teurer als geplant. Immerhin, der Ladebon funktioniert und ich kann telefonieren. Ein Check auf der Website von Fonic zeigt mir, dass mein Guthaben 21,62€ beträgt. Das überrascht mich. Warum nicht 20€ oder 30€, falls der Startbonus erst nach erstmaliger Aufladung vergeben wird? Das kurze Telefonat kann mich nicht 8,48€ gekostet haben. Zu diesem Ärger kommt, dass ich es partout nicht schaffe, eine Bluetooth-Verbindung zwischen dem Handy und dem ProBook herzustellen. Das scheint ein Problem des ProBooks zu sein, denn die Blutooth-Kontaktaufnahme mit dem iPhone klappt auch nicht. Ich vermisse mein MacBook. Ich könnte mir ein USB-Verbindungskabel holen. Das kostet aber nochmal, ich habe ohnehin schon mehr Geld ausgegeben, als ich ursprünglich wollte. Zudem ist es nicht sicher, ob das A140 unter Ubuntu als Modem funktioniert. Außerdem komme ich im Großen und Ganze mit dem Internet in der Bibliothek ganz gut aus. Ich spare mir also das Geld dafür.

Stadtplan

Ich habe genau drei Anforderungen an die Stadtplan-App, die mich durch Berlin führen soll:

  1. Der Stadtplan soll offline nutzbar sein.
  2. Meine aktuelle Position sollte dank GPS angezeigt werden.
  3. Der Stadtplan sollte nach Adressen durchsucht werden können.

Nett wäre eine Routenplanerfunktion, das Einblenden von Daten über Geschäfte, Lokale und Sehenswürdigkeiten wäre auch nicht schlecht und wenn die App kostenlos wäre, würde mich das nicht stören. Aber ich will nicht zu viel verlangen, wenn die drei Hauptanforderungen erfüllt sind, habe ich eine völlig funktionale und nützliche App.

Offenbar erfüllt jede kostenlose App immer nur höchstens zwei der drei Hauptanforderungen. Google Maps beziehungsweise die Karten-App des iPhone wäre perfekt, benötigt aber Internetzugang. Der Time Out Travel Guide Berlin hat eine übersichtliche Karte, die auch den eigenen Standpunkt anzeigt. Nur nach Adressen durchsuchen kann man sie nicht. Immerhin beinhaltet die App aber ein umfangreiches Verzeichnis verschiedener Sehenswürdigkeiten, Lokale und Shopping-Möglichkeiten, die man sich auch alle auf der Karte anzeigen kann. Insgesamt nicht schlecht für eine kostenlose App, nur eben nicht die ideale Stadtkarte.

Der Berlin Handy Stadtplandienst der Envi.con KG schließlich ist ein durchsuchbarer Stadtplan. Er kann auch die aktuelle Position anzeigen und kostet 1,59€. Der Durchsuchbarkeit sind Grenzen gesetzt: Man kann nur nach Straßennamen suchen, eine Suche etwa nach „Hauptbahnhof“ oder „Freie Universität“ läuft ins Leere. Die Karten erinnern stark an einen Stadtplan aus Papier, sie wirken in der höchsten Zoomstufe etwas überladen und unübersichtlich. Außerdem sind es Bitmap- und keine Vektorgrafiken, daher wird der Stadtplan in der höchsten Vergrößerung pixelig. Die Investition hat sich trotzdem gelohnt, ein vergleichbarer Stadtplan aus Papier wäre teurer und umständlicher.

Ticket

Falls man vor hat, sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen, benötigt man ein Ticket der BVG. Für Handytickets gibt es eine interessantes System, Touch&Travel genannt. Mit einer Smartphone-App lässt man sich jeweils zu Fahrtbeginn und Fahrtende lokalisieren. Das klingt allerdings etwas umständlich. Am Ende des Tages berechnet die App automatisch, welches Ticket am günstigsten kommt. Die Verrechnung erfolgt am Monatsende per Bankeinzug.

Ich habe weder ein Smartphone mit deutscher SIM-Karte, noch ein deutsches Bankkonto. Also entscheide ich mich für das traditionelle Ticket in Papierform. Das öffentlichen Nahverkehrsnetz ist in verschiedene Zonen geteilt, mit den Zonen A und B dürften die meisten Berlin-Besucher ihr Auslangen finden. Ich habe eine 7-Tage-Karte 27,20€ und nicht die Berlin WelcomCard für fünf Tage um 30,90€. Letztere kostet mehr und gilt für einen kürzeren Zeitraum, dafür kann man bei verschiedenen Partnerunternehmen Rabatte bekommen.

Fazit

Nahezu überall Internetzugang zu haben, wird um einiges weniger selbstverständlich, wenn man sich in einem anderen Land aufhält. Einige Dinge haben sehr gut funktioniert, vor allem das Arbeiten in der Bibliothek macht Spaß. Auch in Cafés mit freiem WLAN zu sitzen ist angenehm, wenn man mal eines gefunden hat, in dem es tatsächlich funktioniert. Starbucks wäre eine gute erste Anlaufstelle gewesen, wenn mein Notebook sich nicht verweigert hätte. Ein deutsches Prepaid-Handy anzumelden war hingegen ein eher frustrierendes Erlebnis: Teurer als gedacht und dann komme ich damit erst recht nicht ins Internet. Aber das mag Zufall sein, mit einer anderen Hardware-Konfiguration hätte es vielleicht funktioniert. Interessanterweise sind einfache Handys mittlerweile preislich im Bereich einfacher Bedarfsartikel angelangt.

Das eine Ding, das man als digitaler Nomade benötigt und das ich nicht habe, ist offenbar ein simlockfreies Smartphone. Dann wäre die Suche nach einem Internetzugang mit der Anschaffung einer SIM-Karte erledigt und für einen komfortablen Stadtplan wäre in Form von Google Maps auch gesorgt. Außerdem kann man damit kostengünstig über Skype-Out nach Hause telefonieren.

6 Comments for “Ein kleiner Berlin-Reisebericht für digitale Nomaden”

HOTSPLOTS

says:

Ein Liste kostenloser Hotspots (und in ganz Deutschland) findet sich auf der Hotspot-Karte des Berliner WLAN-Providers HOTSPLOTS. Einfach z.B. bei Stadt nach Berlin suchen und den Filter auf „nur kostenlose Hotspots“ einstellen.

Viele Bibliotheken, unter anderen auch die der ZLB, bieten kostenloses WLAN darüber an.

Martin

says:

Berlin ist eigentlich eine sehr „nomadenfreundliche“ Stadt – da findest du im Zweifelsfall eigentlich immer über das Internet irgendwelche coolen Leute, mit denen du abhängen kannst. Einmal haben mir zwei digitale Nomaden sogar ihre Unterkunft zur Verfügung gestellt, von wo aus ich dann arbeiten konnte.

Aki

says:

Ja, jedenfalls! Ich würde diesen Bericht heute auch anders schreiben. Das war vor vier Jahren. Seit damals hat sich viel geändert und ich war auch noch sehr neu in der Stadt. Wäre Zeit für ein Update.

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